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Der nützliche Tod

Es gibt unfassbar böse Taten in dieser Welt, wie diese vom 22.01.2025 in Aschaffenburg.

Im Deutschland dieser Tage geschieht dies selten, unser Land ist zivilisiert. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden in Deutschland im Jahr 2020 2.401 Fälle von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen erfasst. Die Anzahl der Suizide liegt jährlich bei etwa 10.000 Fällen. Die Gründe für diese Taten sind höchst unterschiedlich, sie lassen sich präventiv nur bedingt vermeiden.

Menschen erleben in Teilen der Welt ebenso böse Taten wie diese aus Aschaffenburg leider zu häufig. Meist hervorgerufen durch Krieg, in dessen Folge Raub, Vergewaltigung, Folter, Zwangsrekrutierung und insbesondere Mord an Angehörigen. Die Abwesenheit von Krieg schließt diese Erfahrungen in Diktaturen nicht aus. Gefängnisse im Iran oder in Syrien waren und sind als Hölle oder gar als Schlachthaus bekannt.

Menschen, die dies erleben, sind in ihrem Leben gefährdet, insbesondere Kinder und Heranwachsende. Und Frauen generell.

Stand heute flüchten 84 Millionen dieser Menschen innerhalb ihres Staates vor regionaler Gefahr. Die Länder Sudan, Syrien, Republik Kongo, Kolumbien und Jemen stellen davon fast die Hälfte. Weitere 38 Millionen treibt es in die Nachbarländer und darüber hinaus. Als Flüchtlinge suchen sie nach internationalem Schutz. Quelle UNHCR.

Ein Teil dieser Menschen kommt bis nach Europa und werden dort sehr unterschiedlich aufgenommen. Das Asylrecht in Europa ist kompliziert und wird von den Nationalstaaten oft nicht eingehalten. Zur aktuellen Situation ist es interessant, dass das EU-Land Bulgarien mit Flüchtlingen willkürlich umgeht. Von Haft und Folter habe ich schon aus der Zeit um 2016 erfahren. Von Leuten, die das dort erlebt haben. Und Unglücke, ob mit oder ohne Beteiligung von Frontex-Einsatzkräften, passieren auch schon im Mittelmeer.

Die Gründe für Flucht in der Welt sind vielen nicht bekannt. Bekannt sollte aber sein, dass eine Aufnahme der Geflüchteten nicht nur viel Leid mindert, sondern abertausenden von Menschen das Leben rettet. Insbesondere von Kindern und Frauen. Deutschland bietet heute noch Unterkunft, Schule, Ausbildung, Arbeit und Menschenwürde. Und Möglichkeiten, die schweren psychischen Verletzungen zu behandeln, oft zu heilen. Es bedingt vieler Hilfen, den Menschen ihre Würde und ihre Tatkraft zurück zu geben. Dass dies tatsächlich passiert und gelingt, dafür stehen Millionen Ehrenamtliche in Deutschland, die bei Behörden, Arztbesuchen und überhaupt die Wege mitgehen. Es entstehen Freundschaften, positive Lebenswege und oft wird die Hilfe auf vielfältige Weise gedankt. Auch in der Weise, dass Geflüchtete ein stabiler Teil unserer Gesellschaft werden, die uns sozial und wirtschaftlich stützen.

Aber natürlich nicht in jedem Fall, Misserfolge und große Probleme leugnet niemand. Misserfolge und große Probleme leugnet niemand, ich wiederhole es mehrmals. In diesen Tagen behauptet das der Kanzlerkandidat der Union. Er fragt, wie viele tote Kinder man denn noch in Kauf nehmen würde, bis man handelt. Die Leute auf der Straße fordern in Interviews etwa vom TV-Sender der ‚Welt‘, dass nun endlich was passieren müsse. Die Union selbst legt Forderungen vor, die Hilfe für Flüchtlinge in Zukunft noch mehr einschränken soll, möglicherweise nahezu komplett zu beenden. Friedrich Merz ist es nach eigener Aussage, egal mit wem er diese Politikwende einläutet. Er bricht damit mit der christlichen, humanen Weltanschauung seiner Partei. Für Deutschland und entsprechend für Europa. Das kann jedes Jahr etwa eine Million Menschen betreffen, je nach Kriegslage in der Welt auch ein Vielfaches davon.

In Bezug auf die Tat von Aschaffenburg würde es vor allem die Opfer im Kindesalter betreffen. Der Junge war marokkanischer Abstammung, das überlebende Mädchen syrischer Herkunft. Dass genau solchen Menschen in Zukunft Hilfe versagt bleiben soll, ist Wille derer, die diese Anträge der Union unterstützen.

Man will wohl die Täter unter den Geflüchteten treffen, diejenigen die mit ihrer persönlichen oder erfahrenen Gewalt nicht umgehen konnten und können. Ein Gericht wird feststellen, welche Schuld der 28-jährige Täter nach Recht und Gesetz auf sich geladen hat. Und man wird neue Methoden suchen, um Menschen, ob krank oder von migrantischer Herkunft, noch mehr zu kontrollieren.

Nur, es wird wieder Taten geben, die so einem Muster an Handeln dienlich sind. Diese Art von Tod ist rechtsextremen identitären Erzählungen nützlich. Die Drehbücher sind längst geschrieben. Und man wird weiter Wege gehen, um aus Deutschland ein Land zu machen, das von aktiver Hilfe zu passiver Teilnahmslosigkeit übergeht. Die Untaten, ob nun aus Kalkül oder aus unkontrolliertem Wahn, finden dann vermehrt, tausendfach vermehrt, in anderen Teilen der Welt statt. Parteien nehmen das für die Teilhabe an der Macht in Kauf.

Deutschland scheint eines der Länder zu sein, denen es peinlich ist Geflüchteten in großer Zahl geholfen zu haben. Seit den Balkan-Kriegen hat Deutschland Millionen Menschen geholfen, die vor Krieg geflohen sind. Diese geschichtliche Leistung wird von denen herabgewürdigt, die meinen, dieses Land wieder in biedere Vergangenheit führen zu müssen.“

Wenn die Todesfälle von Aschaffenburg Folgen haben sollen, dann kann es nur sein, weiter das Leid von nach Deutschland geflüchteten Menschen zu lindern und diesen in höchster Not weiter beizustehen.

Stefan Haas,
Sprecher der Seebrücke Dachau am 7.Februar 2025

PS: Noch eine mir wichtige Anmerkung. Die Notwendigkeit Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, zu helfen, ist universell. Das war gerade in einer Zeit wichtig, als die Menschenrechte noch nicht so verfasst waren wie heute … also vor 1945.

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Seebrücke Dachau schließt sich Rundem Tisch gegen Rassismus an

Die Seebrücke Dachau hat sich dem Runden Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. angeschlossen.

Peter Heller, Sprecher des Runden Tischs gegen Rassismus, teilt mit: „Wir freuen uns, damit eine weitere Institution in unseren Reihen zu haben, die sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wendet.”

Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. ist ein Bündnis, dem engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie viele Dachauer Organisationen und Institutionen aus Politik und Gesellschaft sowie Religionsgemeinschaften angehören. Eine Liste der institutionellen Mitglieder befindet sich im Anhang.

Der Runde Tisch gegen Rassismus e.V. T vereint seine Mitglieder im Eintreten gegen Rassismus und ist überparteilich und überkonfessionell.

Dachau als ehemaliger Standort eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland ist heute ein wichtiger Lernort. Als solcher ist er der historisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des NS-Unrechtsregimes und einem angemessenen emotionalen Umgang damit verpflichtet. Das schließt entschiedenes Eintreten gegen Rechtsextremismus sowie gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Links:

Webseite des Runden Tischs gegen Rassismus Dachau e.V.

SZ: Seebrücke schließt sich Rundem Tisch gegen Rassismus an (21.02.2023)

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Gründung der Seebrücke Dachau

Am vergangenen Montag, den 13.12.2021, hat sich die Seebrücke Dachau gegründet. Die Seebrücke ist eine Bewegung aus verschiedenen Bündnissen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft, die sich mit Menschen auf der Flucht solidarisieren und für ein offenes und solidarisches Europa streiten. Die Seebrücke Dachau ist parteipolitisch und konfessionell unabhängig und engagiert sich für sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten. Sie gehört damit zu knapp 200 anderen Seebrücke-Lokalgruppen in Deutschland und Europa.

Kernanliegen und -forderung der Seebrücke Dachau ist es, den Landkreis Dachau zum „Sicheren Hafen“ zu machen. Dies bedeutet, dass sich der Landkreis Dachau (als kommunale Gliederung) mit Menschen auf der Flucht solidarisch erklärt, sich für sichere Fluchtwege einsetzt, sich für neue und stärkere Programme zur legalen Aufnahme geflüchteter Menschen stark macht und auch selbst Aufnahmeplätze für Geflüchtete zusätzlich zur Verteilungsquote (nach Königsteiner Schlüssel) anbietet.

Mehr als 200 andere Städte und Kommunen haben sich bereits zu solchen „sicheren Häfen“ erklärt und setzen diese Forderungen nun um, darunter auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft die Stadt München.

„Es ist an der Zeit, dass sich der Landkreis Dachau mehr für geflüchtete Menschen einsetzt anstatt sich für menschenwürdige Aufnahme nicht zuständig zu erklären. Das fordern wir als Menschen aus verschiedensten Organisationen im Landkreis, das fordern wir als Bürger*innen, das fordern wir gemeinsam als Seebrücke Dachau,” so Martin Modlinger von der Seebrücke. „Wir kämpfen für eine Welt, in der kein Mensch auf dem Weg in eine sichere Zukunft sein Leben verlieren muss, und dafür muss auch der Landkreis einstehen.“

Als erste Aktion ruft die Seebrücke Dachau gemeinsam mit EuropeCares zu einer Spendensammlung für geflüchtete Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern auf Lesbos auf.

Martin Modlinger