Viele Menschen in Europa helfen aktuell in schwere Not geratenen Geflüchteten. Und auch in diesem Jahr wird der Angriffskrieg gegen die Ukraine uns noch viel abverlangen.
Es gibt Stimmen, die sagen, wir können diese Hilfe nicht fortsetzen. Dem widersprechen wir entschieden.
Wir wollen weiter Wege gehen, die Menschen eine echte Zuflucht vor Krieg und Gewalt bieten. Wir bestehen darauf, dass dabei Herkunft, Aussehen oder Religion keine Rolle spielen dürfen. Das können wir am besten, wenn die Gesellschaft an einem Strang zieht. Politik in Bund und Kommune muss noch mehr leisten, aber auch die bayerische Landesregierung muss einen sichtbaren Beitrag erbringen.
Unsere Forderungen sind klar. Kommt zu unserer Kundgebung und setzt ein starkes Zeichen für Menschlichkeit.
Seebrücke Dachau e.V.
WIR FORDERN
Menschen menschlich begegnen!
Finanzielle Zusagen von Bund und Land jetzt für: Tragende Integrationskonzepte in den Gemeinden Mehr hauptamtliche Stellen vor Ort und bei den Menschen Mehr Wohnraum für alle erschließen und vermitteln Bedarf an Sprachkursen erfüllen
Entbürokratisierung: Pragmatische und respektvolle Entscheidungen in Ausländerämtern
Sofortmaßnahmen: Aussetzung der Wohnsitzauflage Arbeitserlaubnisse für alle Geflüchteten Vereinfachte Anerkennung ausländischer Abschlüsse Sonderregelungen für Instandsetzung und Bau von Wohnraum
„Mut zur Menschlichkeit“ wird unterstützt durch
unserVeto – Bayern. Verband der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer*innen
Münchner Flüchtlingsrat e.V.
Runder Tisch gegen Rassismus Dachau e.V.
Arbeitskreis Asyl Dachau
Asyl-Helferkreis Indersdorf
Asylhelferkreis Maisach
Asylhelferkreis Bergkirchen-Gröbenried
Helferkreis Asyl und Integration der Gemeinde Berg am Starnberger See
Helferkreis Karlsfeld
KV Grüne Dachau
KV Grüne Fürstenfeldbruck
OV Grüne Indersdorf-Weichs
OV Grüne Dachau
OV Grüne Bergkirchen
Hans Sautmann, Kreisrat Fürstenfeldbruck / Referent für Integration und Migration
Christian Huber, Kreisrat, Integrationsreferent Germering
Peter Heller, Kreisrat Dachau
Beate Walter-Rosenheimer, MdB
Wer mit dabei sein will, bitte melden bei Stefan Haas, Seebrücke Dachau: s.haas.helferkreis.bgk@gmx.de
Die Seebrücke Dachau lädt herzlich zur Vorführung des Dokumentarfilms MY WAY – The Story of Hussain Hussaini ein.
Samstag, 29. April 2023
Beginn: 19:00 Uhr
Aula der Mittelschule Markt Indersdorf (Wittelsbacherring 15)
Eintritt frei
Organisiert wird die Vorführung von Hubertus Schulz, Mitglied der Seebrücke Dachau und des Indersdorfer Helferkreises. Er möchte aufgrund der aktuellen Entwicklungen einer breiteren Öffentlichkeit ein besseres Verständnis für die Situation von Flüchtlingen näherbringen:
„Mich selbst hat eine Filmvorführung des ursprünglich für das Kino gedachten Dokumentarfilmes sehr beeindruckt. Der Film heißt MY WAY, produziert von Jakob Gatzka, der im Landkreis Dachau (Weichs) wohnt. Diese prämierte Langzeitdokumentation spielt zum Teil auch in unserem Landkreis und die Hauptperson Hussain Hussaini arbeitet als Krankenpfleger im Kreiskrankenhaus. Es werden an Originalplätzen die Flucht und die Erlebnisse des Flüchtlings nachgestellt, sowie die Befragung im Dachauer Ausländeramt. Außerdem werden einige bekannte Politiker interviewt.“
Regisseur Jakob Gatzka wird bei Vorführung dabei sein und im Anschluss an die Vorführung ein Gespräch mit Seebrücke-Sprecher Dr. Martin Modlinger führen, sowie dem Publikum für Fragen zur Verfügung zu stehen.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.
Inhaltsangabe zum Film
MY WAY erzählt die Reise des jungen Hussain von Afghanistan bis nach Deutschland und sein Leben in Deutschland. Gedreht wurde in fünf Ländern: Afghanistan, Iran, Griechenland, Türkei, Deutschland und dazu zahlreiche Interviews geführt, um auch die gesellschaftliche Diskussion in Deutschland zu beleuchten, u.a. mit Claudia Roth, Heinrich Bedford-Strohm, Joachim Herrmann, Natalie Amiri, Gerald Knaus, Claus-Peter Reisch und vielen anderen mehr.
MY WAY ist ein Film über die verheerende Situation in Afghanistan, über Flucht und gelungene Integration. Ausgehend von der Ankunft am Münchner Hauptbahnhof im Sommer 2015 erzählt der Film vom Leid Geflüchteter, sendet aber zugleich ein optimistisches Signal, dass Flucht gut zu Ende gehen, eine neue Heimat gefunden werden und Integration gelingen kann, auch wenn Wunden bleiben.
MY WAY handelt von Fremdenhass und Willkommenskultur, von einer zerrissenen Gesellschaft und großem ehrenamtlichem Engagement. Nicht zuletzt gibt MY WAY zum 70. Geburtstag der Genfer Flüchtlingskonvention eine Anmutung, wie Fragen der Migration in Anbetracht von über 80 Millionen Flüchtlingen weltweit in der Zukunft angegangen und beantwortet werden könnten und ist dieser Tage aktueller, denn je.
Es ist kurz vor Weihnachten als ich einen Anruf bekomme. Eine Frau meldet sich, es ist Anne, mittlerweile kenne ich sie auch persönlich. Sie macht sich große Sorgen um einen jungen Geflüchteten, den sie psychotherapeutisch betreut. Mit der Zeit lernt sie ihn besser kennen, versteht, dass er sich seit Jahren komplett zurück zieht und keine Freude hat.
Ende 2020 wird er von Schwabhausen nach Gröbenried verlegt. Das ist die Zeit, als die Pandemie noch ohne die Möglichkeit der Impfung grassiert. Im Helferkreis sind uns alle Hände gebunden, niemand von uns kann ihm und anderen zu dieser Zeit auch nur Hallo sagen. Im Rückblick wissen wir, dass die Caritas zeitweise guten Kontakt mit Chimamkpa, so heißt er, hat.
In seiner Heimat ist seine Familie vor knapp 10 Jahren in eine traumatische Gewalttat verwickelt, seine nächsten Verwandten werden ermordet. Verletzt entkommt er, mit gerade mal 20 Jahren. Er schaut heute nicht viel älter aus. Als Außenstehender sieht man ihm nichts von seinen inneren Verletzungen an, außer eben der verkrüppelten Hand. Aber er ist sehr krank, braucht Medikamente, um über seine Krisen zu kommen. Vor der Verhandlung am Amtsgericht Dachau sehe ich ihn zum ersten Mal bewusst. Bei der Eingangskontrolle wird er penibel durchsucht. Aber das macht man mit mir auch.
Diese Verhandlung ist der Grund warum Anne mich um Hilfe bittet, es droht ihm Gefängnis. Chimamkpa ist Analphabet, kann gerade etwas Englisch und um was es geht, wissen wir halbwegs nur aus den Schreiben von den Behörden. Er lebt in seiner eigenen Welt, überfordert von dem was ihm vor langer Zeit passiert ist, überfordert von den Mitbewohnern, die auch mal laut sind. Die meisten suchen sich Hilfe, fallen auf, wenn sie etwas nicht verstehen und mit etwas Glück können wir vom Helferkreis manche Dinge in normale, behördengerechte Bahnen lenken. Bei Chimamkpa ist das anders, er möchte niemanden zur Last fallen, hat auch gearbeitet, war dort zumindest angenommen. Seit einigen Jahren wird ihm die Arbeitserlaubnis nicht mehr gegeben. Er hat keinen Pass und bekommt 2021 deswegen eine Strafe. Mit einer zu hohen Anzahl an Tagessätzen ist man in Deutschland ein Straftäter. Man bestraft ihn schwer, weil er sich nicht um einen Pass bemüht. Man macht ihm klar, dass er dies alles könne, wenn er nur wolle.
Aber so klar ist es dann eben doch nicht. Urteil und Unterlagen hat man ihm vermutlich mündlich übersetzt, er unterschreibt immer, dass er alles verstanden hat, wenn man ihn dazu auffordert. So genau will es niemand wissen, ob das alles stimmig ist. Der Kontakt zur Caritas ist zu der Zeit schwieriger geworden, die Zuständigkeiten sind plötzlich andere, die Botschaft seines Herkunftslandes in Berlin sucht er vergeblich auf. Er verdrängt in Folge einfach, welche Schwierigkeiten er hat, abgesehen von denen, die ihn schon so lange traumatisieren. Es klappt schon noch, dass er in die Praxis von Anne vermittelt wird. Ihr vertraut er und sie engagiert sich über ihre Arbeit hinaus für ihn. Sichtet seine Unterlagen, bekommt das Geld für einen Anwalt zusammen. Hier springt der Pfarrverband Bergkirchen-Schwabhausen ein, Chimamkpa ist Katholik und man kennt ihn noch. Martin beantragt beim Landratsamt Akteneinsicht, so bekommen wir langsam einen Überblick. In den Tagen vor der Verhandlung bessert sich auch der Kontakt zur Anwaltskanzlei, Anne kann alle medizinischen Gutachten nachvollziehbar zusammen schreiben.
Vor allem schafft sie es, dass die Verhandlung am 7. Februar 2023 vor dem Amtsgericht Dachau keine Katastrophe wird. Der Straftatbestand der Passlosigkeit kann freilich nicht ausgeräumt werden. Aber der Richter erkennt, welche Umstände ihn in diese Situation gebracht haben. Eine Bewährungsstrafe mit 60 Stunden Sozialarbeit ist nahezu ein gutes Urteil, vor allem weil die Berichte der Psychotherapeutin zur Kenntnis genommen werden.
Den Pass zu beantragen und zu bekommen, wird er mit Annes Hilfe schaffen. Es gibt auch Hilfe von erfahrenen Helfern aus Dachau. Ob Deutschland ihm ein Recht gewähren wird, hier zu bleiben, eine Chance gibt, ist unwahrscheinlich. Aber es ist nicht komplett hoffnungslos. Nach der Verhandlung trinken wir noch zusammen Kaffee, reden auch über normale Dinge. Er ist wirklich ein freundlicher Kerl. Sehr unsicher, aber er merkt noch, wenn man ihm nichts Böses will. Noch findet sich ein Lächeln in seinem Gesicht.
Ich hoffe, dass die wenigen Dinge, die wir für ihn tun können, ihm etwas Mut machen. Bei der Caritas hat er wieder eine Ansprechpartnerin, die ihn versteht und der er vertraut. Über sie hat er die Möglichkeit wieder einen Alphabetisierungskurs zu belegen und er geht nach ersten Rückmeldungen auch hin. Eine Operation könnte ihm die Funktion seiner Hand wieder herstellen. Mit etwas Glück kommt Chimamkpa wieder auf einen Weg in ein normales Leben.
Was mir Sorge macht ist, dass Recht und Ordnung alleine nicht ausreichen. Wenn die Lebensfreude in den Menschen erlischt, dann haben wir wieder versagt.
Die Seebrücke Dachau e. V. lädt herzlich ein zur Diskussion und Lesung des Buches „Die Würde des Menschen ist abschiebbar“ von Lina Droste und Sebastian Nitschke.
Am 18. März 2023 um 19 Uhr im Adolf-Hölzel-Saal (Ludwig-Ernst-Straße 1, 85221 Dachau) wird Sebastian Nitschke kurze Passagen aus seinem Buch vorlesen und diese im Anschluss mit dem Publikum diskutieren. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt.
Das Buch vereint politischen Bericht und Wissenschaft. Die Autor*innen, die selbst in der Geflüchtetenhilfe aktiv sind, schildern die Zustände in Abschiebegefängnissen von Haftbedingungen, Gerichtsakten, Isolationshaft bis hin zu Erfahrungsberichten, Portraits und Gespräche mit Inhaftierten. Das Buch möchte Antworten finden auf die Fragen: Was ist und war Abschiebehaft? Wer ist davon betroffen? Wie verläuft der institutionelle Prozess?
Sebastian Nitschke ist Sozialarbeiter und engagierte sich von 2017 bis 2020 bei „Community for all – Solidarische Gemeinschaft statt Abschiebegefängnisse“ in Darmstadt.
Die Seebrücke Dachau hat sich dem Runden Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. angeschlossen.
Peter Heller, Sprecher des Runden Tischs gegen Rassismus, teilt mit: „Wir freuen uns, damit eine weitere Institution in unseren Reihen zu haben, die sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wendet.”
Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. ist ein Bündnis, dem engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie viele Dachauer Organisationen und Institutionen aus Politik und Gesellschaft sowie Religionsgemeinschaften angehören. Eine Liste der institutionellen Mitglieder befindet sich im Anhang.
Der Runde Tisch gegen Rassismus e.V. T vereint seine Mitglieder im Eintreten gegen Rassismus und ist überparteilich und überkonfessionell.
Dachau als ehemaliger Standort eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland ist heute ein wichtiger Lernort. Als solcher ist er der historisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des NS-Unrechtsregimes und einem angemessenen emotionalen Umgang damit verpflichtet. Das schließt entschiedenes Eintreten gegen Rechtsextremismus sowie gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.
So oder ähnlich lauten Wohnungsanzeigen. Hier bei uns erfüllen sich die Nachfragen oft nur über Bekanntschaften, Zufälle oder mit einem ordentlichen Budget. 2022, und sicher auch noch weitere Jahre, kommen nun auch Annoncen ukrainischer Familien hinzu. Man braucht nicht daran zu erinnern, welche Zerstörung vor allem an ziviler Infrastruktur, an Häusern, Wohnungen und an Lebensgrundlagen wie Straßen, Stromversorgung, Wasserleitungen, Fernwärmeanlagen etc. etc. jeden Tag in der Ukraine stattfinden.
Abschied aus der Ukraine, Winter 2022
Stellvertretend für so viele Familien hier in Dachau, überhaupt in allen Gegenden Deutschlands in denen Wohnungen knapp sind, berichten wir über die Wohnungssuche von Anastasia P. aus Feldgeding. Anastasia ist seit März 2022 in Deutschland, bei der Willkommensveranstaltung der Gemeinde Bergkirchen kam ich schnell mit ihr ins Gespräche. Ihr Englisch ist etwas besser als meines, sie ist eine noch junge Frau aus Dnipro, eine Millionenstadt im Herzen der Ukraine. Mit ihr kamen ihr Sohn und ihre noch kleine Tochter, auch ihre Mutter konnte mit der Familie hier unterkommen. Zurück in Dnipro blieben ihr Mann und ihre Großmutter, die pflegebedürftig ist. Seit März hat sich einiges getan, der Sohn geht schon seit dem Frühling in die Schule, die Tochter seit September in den Kindergarten. Eine Familie mit wirklich großem Herzen hat ihnen kleine Wohnung bereitgestellt. Obwohl es möglich wäre, verzichten ihre Feldgedinger Gastgeber auf eine Miete. Sie sind dort wunderbar aufgenommen und umsorgt. Freilich die Sprachbarriere ist immer noch vorhanden, die Sprachkurse mussten erst aufgebaut werden, es dauert eben ein wenig. Und man hatte ja lange gehofft, dass dieser Krieg hätte zu Ende gehen könnte. Langsam macht sich die Erkenntnis breit, dass sie noch länger auf unsere Hilfe angewiesen sein wird. Niemand will abhängig davon sein, man hatte doch ein Leben in der Ukraine, konnte alles selbst planen und aufbauen. Nun ist es anders und Anastasia ist besorgt, wie die ganze Familie zusammen zumindest diesen Winter übersteht. In Feldgeding hat sie es gut, ihre Gastgeber halten in allen Dingen zu ihr, es gibt ukrainische Nachbarn, der Bus fährt vor der Haustür, die Möglichkeiten der Kreisstadt Dachau und auch von München sind greifbar und können auch angenommen werden. Sie könnte in naher Zukunft hier auch Arbeit finden. Sie kann nicht einfach nur Englisch, sie hat Erfahrung im Management und hat sehr gute IT-Kenntnisse. Diese Webseite hier könnte sie ohne Probleme aufbauen, administrieren und mit Inhalt füllen. Vielleicht hat sie sogar studiert, die Bildungswege in der Ukraine sind andere wie hier. Mit den Sprachkursen kommt sie gut weiter, sie will bis Juni das Level B1 erreichen, wird das Tor für eine hochqualifizierte Arbeit in deutscher Umgebung öffnen. Anastasia hat hier eine Zukunft, daran gibt es keinen Zweifel.
Die Kleinste in der Familie zusammen mit ihrer Oma
Nun ist es Anfang November, die Familie ist in Not die Großmutter zu betreuen. In Dnipro wird das mehr und mehr unmöglich, nicht nur weil der Winter naht. Und der Vater will natürlich zurück zu Frau und Kind, alle brauchen einander in dieser so schlimmen Zeit. Mittlererweile ist es auch möglich, er bekommt die offiziellen Papiere und wird voraussichtlich ab 25.November mit der Großmutter nach Feldgeding kommen. Der Platz in der kleinen Wohnung wird nicht genug sein, der 3.Stock ist für die Großmutter im Rollstuhl nicht zu erreichen. Sie braucht die Pflege ihrer Familie und ein eigenes Zimmer. Anastasia versucht alles, dass ihre Großmutter eine würdige Zuflucht bekommen kann, sucht schon seit Monaten eine größere Bleibe. Natürlich auch hier in Bergkirchen, sie weiß dass sie hier ein selbstständiges Leben aufbauen kann, für eine gewisse Zeit oder tatsächlich für eine zweite Heimat.
Bruder und Schwesterchen
Gesucht ist eine Wohnung die halbwegs behindertengerecht eingerichtet ist. Es braucht ein Zimmer für die Eltern und die kleine Tochter, ein Schlafraum für den Sohn und die Mama von Anastasia. Und ein Zimmer für die Oma bzw. sie ist ja schon die Uroma. Passend Bad und Küche. Die Miete wird auch über das Jobcenter garantiert. Jedes Angebot an Wohnraum, bei dem weiterhin Kindergarten in Günding und Schule in Bergkirchen für die Kinder erreichbar bleiben, wäre nochmal mehr willkommen. Aber es ist jedes Angebot willkommen, es sind Zeiten der Not.
Ich bin mir sicher, dass die Familie innerhalb eines Jahres ihren Unterhalt weitgehend selbst bestreiten kann. Anastasia hat ein Ziel, ist selbstbewusst und hat die Kraft und das Wissen zusammen mit Mann und Familie das Leben zu meistern.
Anastasia mit Sohn und Tochter
Diese Familie ist nur eine unter vielen, die aktuell Sorgen um ihre Bleibe haben. Und es ist nicht nur die Nationalität oder sind Geflüchtete überhaupt, die uns angehen. Wohnraumnot ist im Speckgürtel von München schon lange ein Thema. Von Gentrifizierung wurde auch schon in ‚Münchner Geschichten‘ Mitte der 70er Jahre in der ersten TV-Serie von Helmut Dietl mit Therese Giehse und Günther Maria Halmer gesprochen. Über die Seebrücke Dachau wollen wir versuchen alle Wege zu finden, die sinnvoll und zumutbar sind, um nicht genutzte, nicht dem Markt zugänglichen Wohnungen doch noch zur Verfügung zu bringen. Ab heute und vermutlich noch für lange Zeit suchen wir Organisationen, Behörden, Kommunalpolitiker, Fachleute und Engagierte, die dieses Thema in unserer Heimat angehen. Das dies über einen schrecklichen Krieg in Europa so dringlich ist, ist eben nun mal so. Nun macht es Sinn die vorhandenen Kräfte zu identifizieren, zusammen zu bringen, auszubauen und tatsächlich etwas zu bewirken. Scheitern kann man immer, nichts zu tun wäre einfach nur falsch. Es wäre zu wünschen, wenn wir hier bei anderen offene Türen einrennen. Jede Konstellation, die es bereits gibt und von der wir gerade nichts wissen, ist willkommen. Man kann uns erreichen und schreiben.
Stefan Haas als Gründungsmitglied der Seebrücke Dachau e.V. aber auch als Gemeinderat in Bergkirchen, Kommunalpolitiker und als ehrenamtlich engagierter Mitbürger im Dachauer Land seit 2016 s.haas.helferkreis.bgk@gmx.de
Ein Kommentar von Seebrücke-Sprecher Martin Modlinger
Bei Abschiebungen wie der der Familie Esiovwa aus Karlsfeld läuft eine unmenschliche Maschinerie an, die niemandem etwas bringt und in der sich nahezu alle beteiligten Behörden aus der Verantwortung stehlen können.
Familie Esiovwa war bestens im Landkreis Dachau integriert. Der Familienvater hatte über mehrere Jahre hinweg Arbeit und hätte sehr gerne weiter gearbeitet, wenn ihm nicht die Behörden die Arbeitserlaubnis lange verwehrt hätten. Auch sein Arbeitgeber wollte den Familienvater unbedingt als Arbeitskraft zurück. Später war die teils durch das Arbeitsverbot bedingte Lücke im Erwerbsleben ein Grund für die Abschiebung.
Der Familienvater war ursprünglich geflohen, weil er in seinem Geburtsland von Milizen verfolgt wurde. Diese Milizen hatten seinen eigenen Vater ermordet, dessen Haus angezündet, den Rest der Familie des Vaters bedroht. Die drei Kinder der nun abgeschobenen Familie waren niemals in Nigeria. Sie sind im Landkreis Dachau aufgewachsen, die jüngste Tochter ist gar in Dachau geboren. Eines der Kinder hat erhöhten Förderbedarf, der in Nigeria nicht gewährleistet werden kann. Dieses Kind wird doppelt bestraft.
Alle gingen sie zur Schule und hatten ein Kinderleben aus Sicherheit, Förderung und Freundschaft. Wer an der Demo gegen die Abschiebung eine Schulfreundin der Familie „We shall overcome“ hat singen hören, wird dies nie vergessen. Es wurde eine Familie aus unserer Mitte gerissen. Die Kinder sind nun in einem fernen Land, das sie nie gekannt haben. Denken Sie an eine beliebige Schulklasse und stellen Sie sich vor, ein zufällig bestimmtes Kind daraus würde über Nacht in ein ihm fremdes Land vertrieben. In welcher Realität ist so etwas menschlich?
Die Mutter hatte gesundheitliche Probleme und stand vor weitergehenden Untersuchungen, um die Dringlichkeit etwa nötiger medizinischer Eingriffe abzuklären. In der Nacht vor der anstehenden Untersuchung wurde die Familie abgeschoben. Eigentlich gilt die Wohnung als unverletzlich. Niemand darf nachts eine Familie aus dem Schlaf trommeln und sie zur unmittelbaren Abschiebung an den Flughafen transportieren. Doch genau so lief es.
Es gibt für solche Fälle eigentlich noch die Härtefallkommission. Diese kann eine Aufenthaltserlaubnis in Fällen wie der der Familie Esiovwa empfehlen, aus dringenden persönlichen und humanitären Gründen. Das LRA Dachau hatte zunächst behauptet, die Härtefallkommission hätte der Abschiebung zugestimmt. Tatsächlich aber hatte sich die Kommission noch gar nicht mit der Familie befasst, wie auch das Innenministerium bestätigt. Das LRA wusste aber, dass der Härtefallantrag vorbereitet wurde und bereits eine Vorprüfungsanfrage gestellt war. Hätte es tatsächlich, wie es gerne behauptet, auch alles Mögliche zugunsten der betroffenen Familie in den Blick genommen, dann hätte sich das LRA nach dem Stand der Prüfung dieses Härtefallantrags erkundigt – und nicht das Gegenteil getan und die noch nicht erfolgte Befassung als Zustimmung zur Abschiebung gewertet.
Andernorts wird von Gerichten entschieden, dass jemand der eine Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) erhalten hat und zwei Monate nicht abgeschoben wurde, geduldet ist. Bei Familie Esiovwa wurde stattdessen die GÜB insgesamt sieben mal verlängert. Auch hier ist nicht erkennbar, dass das LRA alles Mögliche zugunsten der betroffenen Familie getan hat.
Die Behörden haben stattdessen durch die Abschiebung Fakten geschaffen. Möglicherweise wäre Familie Esiovwa unter das neue Chancenaufenthaltsgesetz gefallen – das ist noch unklar, denn das Gesetz ist noch nicht in finaler Fassung verabschiedet. Behörden anderer Bundesländer nehmen Fälle, die vom Chancenaufenthaltsgesetz profitieren könnten, von Abschiebungen aus – etwa in Hessen durch sogenannte Vorgriffsregelung. Nicht so Bayern, nicht so Dachau. Auch dieser Spielraum, den andere Bundesländer und Behörden offensichtlich haben, wurde nicht genutzt.
Umso wichtiger wird die Prüfung aller Details in der langen Kette an Ereignissen, die zu dieser Abschiebung geführt haben. Und umso wichtiger wird die Prüfung der konkreten Durchführung der Abschiebung mitten in der Nacht.
Es sollte selbstverständlich sein, dass eine Selbstprüfung der Behörde wenig aussagekräftig sein wird. Eine unabhängige Überprüfung ist nötig. Darum kümmern sich viele Engagierte aus den Helferkreisen und aus dem Bayerischen Flüchtlingsrat. Darum kümmert sich auch die Seebrücke Dachau. Es geht um die aus unserer Mitte gerissene Familie Esiovwa, es geht aber auch um andere bestens integrierte Geflüchtete in ähnlicher Situation. Sie leben in Angst. Gleichzeitig fragen sich Freund*innen und auch Arbeitgeber*innen der Geflüchteten, warum Menschen ins Nichts abgeschoben werden sollen, wenn sie hier doch längst verwurzelt und gebraucht sind. Der offensichtliche Mangel an (nicht nur Fach-)Arbeitskräften in so vielen Branchen sollte mittlerweile auch den Letzten die Augen geöffnet haben.
Viele Behörden sind hier beteiligt. Wir haben daher von allen alle jeweils relevanten Dokumente zur Abschiebung von Familie Esiovwa angefordert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge antwortete innerhalb der gesetzlichen Frist und gab auch relevante Akten heraus.
In Bayern dagegen wird erst geschwiegen und dann gemauert. Das Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) will schon in der unabhängigen Überprüfung der Abschiebung durch die Seebrücke kein „berechtigtes Interesse“ erkennen und lehnt basierend darauf den Zugang zu Informationen ab.
Wenn schon eine Menschenrechtsorganisation mit dem Auftrag, eine Abschiebung aufzuklären, angeblich kein „berechtigtes Interesse“ haben soll, wer denn dann? Diese unsinnige und von anderen Behörden oft ähnlich missbrauchte Bestimmung im Allgemeinen Auskunftsrecht nach Art. 39 BayDSG gehört generell durch Transparenzregelungen ersetzt.
Geradezu absurd wird die Ablehnung des LfAR mit der Behauptung, dass sie durch ihre Auskunftsverweigerung die Interessen der abgeschobenen Familie schütze. Dass Familie Familie Esiovwa ausdrücklich in die Weitergabe der Informationen zum Ablauf der Abschiebung eingewilligt hatte und selbstverständlich ein Interesse an der Aufklärung hat, ignoriert das LfAR.
Auch das Landratsamt Dachau hat kuriose Vorstellungen zur Überprüfung der Abschiebung. So behauptet es gegenüber der Presse, dass „vollumfängliche Einsicht“ in die Dokumente und Informationen zur Abschiebung gewährt würde.
Am selben Tag aber schreibt das Landratsamt Dachau mir direkt: „Weiterhin können Sie auch keine Informationen zum konkreten Ablauf der Abschiebung enthalten. Dies unterliegt […] der Geheimhaltung.“
„Vollumfängliche Einsicht“ also, nur eben nicht in vollem Umfang und nicht zur Kernfrage der Abschiebung. Davon lassen wir uns aber nicht beirren. Wenn die Behörden nicht für die angemessene Transparenz und Überprüfbarkeit sorgen, dann werden wir den Rechtsweg gehen und das erzwingen.
Wäre es nicht schön, wenn das nicht nötig wäre? Wenn wir stattdessen bestens integrierten Familien ein echtes Leben bei uns ermöglichen würden? Wenn dringend benötigte Arbeitskräfte auch arbeiten dürften? Wenn Schutzbedürftige auch Schutz erführen? Wenn Kinder in Zuversicht und Freude aufwachsen könnten? Kurz: wenn wir Menschen wie Menschen behandeln und gemeinsam an einer Zukunft bauen würden?
Die Seebrücke Dachau kümmert sich weiterhin um die Aufklärung der Abschiebung von Familie Esiovwa aus Karlsfeld – stößt dabei aber auf schweigende und mauernde Behörden. Die Seebrücke Dachau hatte bei den Behörden Informationen und Dokumente insbesondere zu den Umständen der Abschiebung mitten in der Nacht angefordert. Das für die konkrete Durchführung der Abschiebungen zuständige Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) wehrt sich aber gegen die Auskunftspflicht.
„Die Behörden mauern und behaupten sogar noch, dies sei im Interesse der abgeschobenen Familie. So geht das nicht. Ein derartiger Vorgang muss überprüfbar sein. Wenn die Behörden nicht für Transparenz sorgen, dann wird die Seebrücke Dachau den Rechtsweg gehen und dies erzwingen,“ so Sprecher Martin Modlinger.
Das LfAR will schon in der unabhängigen Überprüfung der Abschiebung durch die Seebrücke kein „berechtigtes Interesse“ erkennen und lehnt basierend darauf den Zugang zu Informationen ab. Geradezu absurd erscheint das Schreiben der Behörde mit der Behauptung, dass sie durch ihre Auskunftsverweigerung die Interessen der abgeschobenen Familie schütze. Dass Familie Esiovwa ausdrücklich in die Weitergabe der Informationen zum Ablauf der Abschiebung eingewilligt hatte und selbstverständlich ein Interesse an der Aufklärung hat, ignoriert das LfAR.
Die Mitteilung der Behörde endet mit der lapidaren Feststellung, dass es sich bei den Details zur Abschiebung von Familie Esiovwa sowieso um eine Verschlusssache handle. Die zuständige Behörde verunmöglicht die Aufklärung der nächtlichen Abschiebung, indem sie ihr eigenes Vorgehen zum Geheimnis erklärt. Dabei misst das LfAR und auch das Landratsamt Dachau mit zweierlei Maß: so wird die Ausländerbehörde in Dachau nicht müde zu behaupten, dass die Abschiebung von Familie Esiovwa rechtlich korrekt abgelaufen sei und dass man zudem in der nächtlichen Abschiebung den Gesundheitszustand der Eltern überprüft und ihnen gar z.B. Medikamente mitgegeben habe. Es ist zu fragen, wie das Landratsamt Dachau so die behauptete Geheimschutzpflicht einseitig umgehen kann.
Die Seebrücke Dachau wird im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms „Ehrenamt hilft gemeinsam“ Aktionen und Hilfsangebote für geflüchtete Ukrainer*innen im Landkreis Dachau mit 50.000 Euro unterstützen. In Zusammenarbeit mit vielen weiteren Organisationen des Landkreises, darunter etwa den Volkshochschulen, dem Kreisjugendring und anderen Vereinen, wird so ein breites Hilfsangebot ermöglicht.
„Wir wollen so geflüchteten Ukrainer*innen ein besser integriertes Unterstützungs- und Vernetzungsangebot bieten und damit zur Verbesserung der Lebenssituation und zur Stabilisierung der Kinder, Jugendlichen und Familien beitragen,“ so Seebrücke-Sprecher Martin Modlinger. Zudem will die Seebrücke damit auch die Kreise der lokal verteilten Helfer*innen nachhaltiger miteinander in Kontakt und in Kooperation bringen. Zu den kommenden Angeboten gehören etwa Malworkshops für geflüchtete Kinder in Lauterbach, Praxissprachkurse für Kinder, Familien und Senior*innen in Dachau und Umgebung sowie psychologische Betreuung.
Die Seebrücke kann dabei neben Spenden aus dem Landkreis vor allem Mittel der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt einsetzen. „Ohne diese äußerst großzügige Förderung wäre uns die Umsetzung nicht möglich,“ so Modlinger. Gleichzeitig betont die Seebrücke, wie wichtig auch die Unterstützung für andere Geflüchtete ist. „Durch die Ukrainehilfe sehen wir, wie wichtig neben den Sprachkursen und dem Kulturangebot vor allem die gegenseitige Hilfe ist. Integration, Solidarität und Kooperation kann gelingen, wenn Geflüchtete einerseits Unterstützung erhalten und andererseits die Möglichkeit bekommen, für sich selbst eine Zukunft zu gestalten. Das sollte unser Weg auch für alle anderen Geflüchteten sein, egal woher sie kommen.“
Die konkreten Angebote an z.B. Sprachkursen, Kunstaktionen und psychologischer Betreuung werden direkt auf den Seiten der Kooperationspartner*innen, insbesondere der Volkshochschulen, veröffentlicht.
Wir laden Euch herzlich zu Vortrag und anschließender Diskussion zum Thema „Realitätscheck Asyl – Aus dem Alltag Geflüchteter und der Geflüchtetenhilfe“ am 27. Juli um 19 Uhr im Adolf-Hölzel-Haus in Dachau ein.
Unsere Veranstaltung will klären, wie es generell um Geflüchtete und die Geflüchtetenhilfe in Dachau und Bayern steht? In den letzten Monaten war gerade um Geflüchtete aus der Ukraine viel herausragendes und vorbildliches Engagement von Bevölkerung und Behörden zu beobachten. Aber gilt dies auch für Geflüchtete aus anderen Ländern? Für Geflüchtete, die schon seit Jahren von Helfer*innen unterstützt werden und dennoch noch eine ungewisse Zukunft in Deutschland haben?
Der Fall der kürzlich aus unserer Mitte gerissenen Familie Esiovwa aus Karlsfeld zeichnet hier ein völlig anderes Bild. Drei Vortragende bieten daher einen tiefen Einblick aus der Praxis der Geflüchtetenhilfe: Nanette Nadolski als ehrenamtliche Unterstützerin im Landkreis Dachau, Joachim Jacob als Vorstand des Verbands der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer*innen Bayern unserVeto, sowie Stephan Theo Reichel als erster Vorsitzender von matteo – Kirche und Asyl. Auch der momentane Entwurf des sogenannten Chancen-Aufenthaltsrechts wird dabei diskutiert. Anschließend gibt es Gelegenheit zum offenen Austausch mit dem Publikum.