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„Die Kinderabschieber“, eine Abhandlung

Hier nun endlich die kommentierte die Fassung der Veranstaltung vom 29.2.2024 im Bellevue Di Monaco. Die Zeit seit dem hat das Thema nicht altern lassen, man schaut in der Öffentlichkeit nur weiter nicht hin.

Stefan Haas, Seebrücke Dachau: „Ich hoffe, dass dies ein gelungener Abend wird und wir dann rausgehen können und sagen, ok, wir müssen etwas machen und wir können etwas machen.

Rex Osa, refugees4refugees, mit eigenem Videobeitrag und einen Einblick in seine Arbeit. Es muss Hilfe geben, wenn man diese Menschen von einem Tag auf den anderen in große Not und Gefahr bringt.

Ein Mädchen (13) aus der Nähe von Rosenheim berichtet: ‚Ich war in der deutschen Schule, meine Noten waren so gut und habe mich schon darauf gefreut mein Zeugnis zu sehen. … Im Flugzeug waren viele andere Leute. Einer Frau wurde ihr Kind weggenommen. … Nach sieben Stunden Flug waren wir da (in Lagos) und hatten gar nichts.

Eine junge Frau (15) berichtet: ‚Sie haben uns wie Kriminelle behandelt.‘ Man hat ihr aber gesagt, sie müsse sich keine Sorgen machen … man wollte den Kindern Süßigkeiten geben, ihre Schwester ist 12 Jahre. Sie waren getrennt von der Mutter.

Rex Osa: ‚Abschiebung allgemein ist brutal, aber für Kinder ist es noch schlimmer.’ Es bleiben traumatische Erlebnisse.

Sophia Eckert, Rechtsexpertin bei terre des hommes

Es passiert was Kinderrecht eigentlich versucht zu verhindern, eben diese zugefügten Traumata. Deutschland wird dem nicht gerecht.

Sophie referiert über die Gesetzeslage und die Praxis.
17% der Abgeschobenen waren 2022 minderjährig. Tendenz 2023 steigend für den Anteil der Kinder.
Man kann davon ausgehen, das die Vorgaben der Kinderrechtskonvention nicht eingehalten werden.
Neue deutsche Gesetzeslage seit 26.2.2024 ist kein verbesserter Schutz für Minderjährige. Bei unbegleiteten Minderjährigen, reicht es aber nicht sie einfach im Abschiebeland zu übergeben. So nach Gerichtsurteil EuGH. Dessen Einwände mussten auch in deutsches Recht übersetzt werden. Und diese Rechtsvorgaben werden in der Praxis dennoch nicht immer beachtet.

Aufenthaltsgesetz und Kinderrechtskonvention sind gleichrangig, stehen auf der gleichen Stufe.

Kinderrechtskonvention ist einklagbar, ohne Wenn und Aber.

Dieses Recht muss bei jeder Maßnahme, insbesondere auch bei Abschiebungen, beachtet werden. Kindeswohl wird in der UN-Charta weit umfangreicher betrachtet als in Deutschland. Sophie zählt die Vorgaben der Kinderrechtskonvention im Detail auf. Diese sind auf die Zukunft jedes einzelnen Kindes persönlich ausgerichtet. In Deutschland gibt es aber nach ihrer Erfahrung kein einziges Verfahren, nach dem eine Rückkehrentscheidung zum Wohle eines Kindes verfügt wurde.
Wenn das Rechtsgut Kindeswohl übergangen wird, müsste dies nach Rechtslage ausreichend begründet und schriftlich dokumentiert werden. Das passiert wohl nicht.

Die Art und Weise wie abgeschoben wird, insbesondere in der Nacht, ist weiter fragwürdig. Neue Gesetze „(Rückkehrverbesserungsgesetz“) stützen leider diese Unverhältnismäßigkeiten. Zwangsmaßnahmen sind oft traumatisch. Etwa auch, wenn direkt aus Schule oder Kita, einem an sich sicheren Raum, abgeholt und direkt abgeschoben wird.


Präsentation/PDF

Das Fazit von Sophia folgt noch in folgendem Videoabschnitt. U.a.
Familientrennungen sind aus Kinderrechtssicht ein absolutes NoGo.

Julie Richardson, Dipl.-Psych. und systemische Familientherapeutin

Sie berichtet vom Fall der Familie Esiovwa im Rahmen ihres Berufes und dann ihres eigenen Engagements.
Kinder sind unsere Zukunft und glückliche Kinder sind Garanten für eine gute Zukunft’.
Eigentlich gibt es eine gute Entwicklung in den Kinderrechten und in den Einrichtungen. Daher hat dieser Rückschlag mit der nächtlichen Abschiebung umso mehr weh getan.
Sie berichtet auch von ihren eigenen Kindheitserlebnissen, die sie geprägt haben. Sie kam mit zweieinhalb Jahren nach Deutschland.

Mit Gabriel Esiovwa hatte sie seit 2018 ein Kind in Betreuung, das mit Beeinträchtigungen leben muss, autistisch geprägt überfordert ist, aber sich sehr gut entwickelt hat. „Ich würde sogar sagen, dass Gabriel eine Erfolgsgeschichte war.“ „Er war glücklich, er war richtig angekommen.

Die Eltern waren eindeutig traumatisiert. ‚Der Mutter war es nicht möglich ohne Tränen über ihrer Vergangenheit zu erzählen.‘ Aber, ‚Die Familie war sehr zuverlässig.‘ Von den Problemen zum Bleiberecht hat Julie erst im Laufe der Zeit erfahren. Die Behörden haben ihr nicht geholfen, ihre Anfragen ‚schlichtweg ignoriert‘.
Die Autoimmunerkrankung von Herrn Esiovwa ist ernsthaft, in Deutschland gut behandelbar, in Nigeria nicht. Julie hat sich dann 2022 eingeschalten, mitgearbeitet die Unterlagen für die Härtefallkommission zu sammeln, Kontakte auch zur Anwältin und zum Bayrischen Flüchtlingsrat geknüpft.
In der Zeit hat sich auch die Krankheit der Mutter, Frau Ilhobe, eingestellt. Eine Wucherung im Bauchraum. Die Ausländerbehörde hatte zugesichert, dass man die Diagnose dieser Krankheit auf jeden Fall abwarten würde. Darauf hat man sich verlassen, die Behörde hat aber gelogen.
Ich war wirklich schockiert.

Seit diesem 12.Juli 2022 werden die Sorgen um die Familie Esiovwa nicht kleiner.

Michael Schrodi, MdB aus Dachau/Fürstenfeldbruck

Michael Schrodi hat sich in Dachau über die Abschiebung einer Familie mit Kindern empört, weil es eine Vorgeschichte gab. Im Jahr zuvor wurde ein junger Mann abgeschoben, der gut integriert über Jahre in einer Bäckerei gearbeitet hatte. Der Vorfall hat in der Presse und der Öffentlichkeit großen Widerhall gefunden. Daraufhin hatte man gemeinsam auch mit Helferkreisen versucht, in Dachau mit dem Ausländeramt zu kooperieren, auch im Vorgriff auf das Chancenaufenthaltsrecht. Dazu war also auch Michael Schrodi bereits in Gesprächen. Damals muss dem Ausländeramt Dachau klar gewesen sein, dass es genug rechtliche Möglichkeiten, das Schicksal der Familie Esiovwa anders zu beeinflussen, gab. Das Landratsamt hatte signalisiert, dass man die Möglichkeiten nicht noch provokant ausreizen wolle. Bei der Familie Esiovwa stand ein Härtefallverfahren an. Man kann behaupten, dass das Landratsamt genau das Gegenteil vom dem gemacht hat, was es selbst in Aussicht gestellt hatte.
Mehrmals, was man im Nachhinein in den Akten lesen konnte.
Ich bin Vater von zwei Kindern, das hat mich auch persönlich getroffen.
Es ist in dem Fall offensichtlich, dass Menschen noch auf den letzten Drücker abgeschoben werden sollten, die sonst eine Aufenthaltsgestattung bekommen hätten. Und das macht einen schon … wütend.

Auch er möchte so viel öffentliche Aufmerksamkeit für diesen Fall, dass solche Abschiebungen nicht mehr so einfach ‚durchzuziehen‘ wären.
Seine Fachkompetenz liegt eigentlich in der Finanzpolitik, dennoch legt Michael Schrodi sein politisches Gewicht auch in diesem Bereich der Asylpolitik in die Waagschale.

Verena Machnik, Politik- und Kommunikationswissenschaften, mit Fragen an die Diskutanten.

Sophia Eckert: ‚Die Kindeswohlprüfung hätte eindeutig ergeben, dass die Rückführung nicht im Sinne des Kindeswohl ist. Deswegen hätte keine Rückführungsentscheidung erlassen werden dürfen, wenn man die Kinderrechtskonvention ernst nimmt.

Julie Richardson spricht über die Folgen bei den Kindern der Familie Esiovwa.
Was jetzt stattfindet ist etwas wie ein Backlash in Bezug auf Kinderrechte’. Sie zählt auf was hier alles schief geht, wie sehr die Menschen nun darunter leiden. Rechte spielen kaum noch eine Rolle sie gehen dramatisch verloren. Ohne Spendengelder wäre die Familie untergegangen. ‚Resignationssyndrom‚ ist nur einer von vielen Stichpunkten.
Und im Nachhinein habe ich auch erfahren, dass sie bei der Härtefallkommission durchgekommen wären … wenn die Zeit gewesen wäre.
Gabriel ist jetzt traumatisiert, er hat Traumafolgestörungen. ‚Das ist jetzt einfach so.

Rex Osa greift nochmal auf, was bei diesen Abschiebemaßnahmen passiert. Gewalt und die Leute als Kriminelle behandeln, ist üblich.
Die Kinder tragen das Trauma lebenslang, es ist eine zerstörte Zukunft.“ Er schildert den Fall einer abgeschobenen Mutter mit autistischem Kind, die Menschen waren komplett verstört und hilflos.

Michael Schrodi wird mit dem Satz ‚Wir brauchen Hoffnung.‚ konfrontiert. Bei der Härte der Abschiebung, den zynischen einhergehenden Begebenheiten, findet er lange keine optimistischen Worte. Die vielen Ansätze, die man versucht hat die Hürden für eine Rückholung abzubauen, verlaufen weiter ohne Erfolg. ‚Die rechtlichen Mittel sind relativ dünn.‚ Was bleibt ist die Familie vor Ort zu stabilisieren, weiter den Schulbesuch zu ermöglichen.

Fragen aus dem Publikum: ‚Treffen sie sich (zu der Sache) mit ihren Parteikollegen oder dem Bundeskanzler?‚ Die Frage nimmt Bezug darauf, dass Kinder nicht nur durch Abschiebungen leiden, sondern auch generell durch die Angst davor. Manche Kinder leben schon acht Jahre in Unterkünften und kennen seitdem keine sichere Gegenwart und sichere Zukunft. ‚Von Menschenrechten, auch Kinderrechten, muss man sich in einer Unterkunft in Deutschland verabschieden.‚, so der Fragesteller, der selbst als Geflüchteter nach Deutschland kam.

Michael Schrodi versucht die Zwänge und die schwierige Umsetzung des Rechts anhand des ANKER Zentrums in Fürstenfeldbruck zu beschrieben. Insbesondere bei Familien ‚sind es sehr sehr schwierige Verhältnisse‚.
In Bezug auf die Bundesländer sagt er: ‚Es scheinen manche Länder ein Stück weit mehr die Politik zu verfolgen, durch möglichst schlechte Behandlung (der Geflüchteten) abschreckendes Beispiel zu sein.
Als Beispiel für Symbolpolitik nennt er die Bezahlkarte, die er im Gegensatz zur Linie der SPD sehr kritisch sieht. Er ist klar in der Sache um die sogenannten ‚Pull-Faktoren‚, bei Flucht geht es ‚um ganz andere Dinge‚. Er sieht zum Rechtsstaat insgesamt ‚Nachholbedarf, gerade auch in Bayern.‚ Und er beklagt die Haltung nahezu aller anderen europäischen Länder, gerade auch im Bezug auf Kinderrechte.

Stephan Dünnwald appelliert an Michael Schrodi, dass man in der SPD einmal all die ‚Beschleunigungs- und Verschlimmerungsgesetze‚ seit 2015 einer echten Prüfung unterzieht. Er fordert echte Revision zu den Regeln und Verordnungen der vergangenen Jahre. Er sagt auch klar, dass renommierte westliche Staaten nicht einmal mehr die ‚Basics‘ einhalten, keine Unterkunft, kein Essen, keine Schule, die Menschen schlafen auf der Straße.

Die Erwiderung beginnt überraschend mit einem Rückblick auf die Rede von Maxi Schafroth auf dem Nockherberg am Tag zuvor. ‚Kommt aus Eurer Komfortzone heraus, und redet mal miteinander.‚ Michael Schrodi nimmt hier seine Gespräche mit Bürgermeistern und Kommunalpolitikern mit rein. Die sagen ihm, auch welche von der SPD ‚Ihr müsst was tun.‘ Selbst aus Kreisen der Flüchtlingshelfer kommen diese Stimmen. Er ist also mit komplett gegensätzlichen Strömungen konfrontiert. Und zur europäischen Ebene sagt er ‚Dublin funktioniert nicht‚, man hat auch ‚die Länder an den Außengrenzen im Stich gelassen‚. Mit dem Versuch GEAS trotz aller unterschiedlichen Ansichten in der EU zu etablieren, hofft er auf einen Anfang einer gemeinsamen rechtsstaatlichen und verbindlichen Asylpolitik, die dann auch funktionieren soll.

Für diese optimistische Aussicht wird er deutlich kritisiert. Und Sophia Eckert findet klare Worte. ‚Grund- und Menschenrechte gelten, sie sind in unserem europäischem Grundrecht weiter verankert, sie sind deswegen vor deutschem Recht gültig. Die UN-Kinderechtskonvention, die UN-Behindertenrechtskonvention sind verpflichtend. … Es ist eine Verpflichtung und der Staat ist dazu verpflichtet (dem nachzukommen). Was Rex und seine Organisation machen ist staatliche Aufgabe.‚ …

Das Rückführungsverbesserungsgesetz hat es gerade in einem Gesetz formuliert, was kinderrechtswidrig seit langen in den Bundesländern passiert.Wenn man Grund- und Menschenrechte bricht, kriegt man Rückendeckung durch den Gesetzgeber.Man muss wirklich vorsichtig sein, mit was man spielt. Denn Grund- und Menschenrechte gelten für allefür Kinder, Erwachsene, für Geflüchtete … und wenn sie für eine Gruppe nicht mehr gelten, weil man denkt es passt gerade nicht, dann gelten die für niemanden.
Sie spricht über Berichte über geflüchtete Kinder an den Außengrenzen der EU.
Sie werden in der Regel dort inhaftiert, sie werden gepushbackt, sie erfahren Gewalt … und da macht man einen europäischen Rechtsrahmen der auch diese Rechtsverletzungen europäisch absegnet. … Denn man hat sich gerade dazu entschieden, Menschenrechtsmonitoring an den Grenzen, wo Pushbacks stattfinden, nicht durchzuführen.
Das ist die Einigung und sie ist katastrophal. Sophias Alternative ist es, dass die Kommission Vertragsverletzungsverfahren einleitet. Es ist nicht so schwer nachzuweisen, welche Rechtsbrüche die Staaten begehen. Es ist alles gut dokumentiert. Es ist eine politische Entscheidung dies zu lassen.

Dann sollen halt die Blauhelme einmarschieren und durchsetzen.‘, wird ein Landrat zitiert, der sich ganz offen nicht an die Behindertenrechtskonvention halten will, die Schulen nicht so ertüchtigt, wie es die Gesetze vorsehen. Es sind drastische Beschreibungen mit denen man die Welt erklären will. Man dreht sich letztlich im Kreis.

Es gibt noch weitere Fragen aus dem Publikum. Sophia skizziert, was man als individuelle Person, etwa in Helferkreisen, tun kann. Und man könnte auf allen Ebenen bessere Regelungen einführen.
Und man erwähnt eine Handlungsweise, die seit Februar 2022 gut funktioniert, obwohl man dabei Millionen Kriegsflüchtlinge in Europa aufgenommen hat.

Rechtsstaat und Rechtsweg, wie wird es hier weiter gehen? Welches Recht hat Vorrang?

Man schließt die Diskussion mit Spendenaufrufen. Ohne die gibt es gar keine Hilfe mehr.

Abmoderation

Schlussapplaus

Wir danken allen Beteiligten und Protagonisten für die Mitarbeit zu dieser Veranstaltung, im Hintergrund sehr fleißig besonders Christoph Leischwitz. Und ganz herzlichen Dank an Verena Machnik für die Moderation, sie hat das in der Kürze der Zeit tadellos vorbereitet.

Es ist klar, dass diese Kapitel eine Fortsetzung finden wird, weil wir uns mit den Menschenrechtsverletzungen nicht abfinden können.


Stefan Haas, für die Seebrücke Dachau im Mai 2024

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Familie Esiovwa

Bilder Anfang 2024

Es gibt vielleicht ein paar gute Nachrichten von der Familie Esiovwa, aber das ist eher einer Hoffnung geschuldet. Die schwere rheumatische Krankheit von Vater Nicolas Esiovwa bessert sich Dank der Medikamente aus Deutschland leicht. Der chronisch geschwollene Fuß bereitet ihm aber weiter große Schmerzen. Dennoch es ist ein Lichtblick.

Es sind private Bilder, die wir veröffentlichen dürfen. In der Zeit seit Juli 2022 hat sich keine unbeschwerte Zeit bei den Esiovwas eingestellt.

In den letzten Monaten waren die Kinder von Krankheiten nicht verschont geblieben. Besonders Claudia musste wegen bakterieller Infekte ins Krankenhaus. Man bedenke, dass jede Behandlung dort Geld kostet, es gibt dort keine funktionierende Krankenversicherung. Letztlich hängt die Gesundheit der Familie an Spenden aus Deutschland.

Wie auch die Gesundheit der Mutter. Sie scheint nun endlich erholt genug für eine Operation zu sein. Seit Juli 2022, seit der Abschiebung, war die Krankheit und die Notwendigkeit einer Operation angezeigt. Über all die Zeit hat sie sich mit Schmerzmittel geholfen. Nicht immer war dafür das Geld vorhanden. Es ist nicht so, dass die Esiovwas nach Spenden rufen. Sie versuchen zu sparen, wo es geht. Weit mehr als wir uns das in Deutschland vorstellen können.

Gabriel ist wegen seines Asthmas in der Klinik. Durch die heiße und staubige Luft an ihrem derzeitigen Wohnort hat sich das Asthma sehr verschlimmert. Er sieht auf allen Fotos ernst und unglücklich aus.

Die Kinder sind darauf angewiesen, dass Geld für die Schule da ist. Es kommt nun schon vor, dass die Vorauszahlung dafür nicht rechtzeitig aufzutreiben war und Claudia, Gabriel und Stephanie unfreiwillig zu Hause bleiben mussten. Wir erfahren solche Dinge erst Wochen oder Monate später.


Die guten Nachrichten sind also, dass die Kinder gerade nicht krank sind, in die Schule gehen können, sich Nicolas Esiovwa etwas erholt und seine Frau bald eine Operation bekommt, nach der sie wieder gesunden kann. So weit ist also Hoffnung da.

Und unsere Hilfe ist weiter davon abhängig, dass wir demnächst wieder Medikamente nach Nigeria senden können.

Spendenaufruf Familie Esiovwa

Julie Richardson (Bilder und persönlicher Kontakt),
Stefan Haas,
im Februar 2024

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Kein Mensch ist illegal

Ein Gastbeitrag aus Mühldorf, gesprochen von unserer wunderbaren Mitstreiterin Kristin.

‚Mühldorf ist bunt‘

Ich hoffe wir hören in diesen Zeiten noch viel mehr Leute, die sich engagieren und Mut machen. Herzlichen Dank dafür.

Stefan Haas, im Februar 2024

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Schützt Kinder vor Abschiebung

Für unsere Veranstaltung haben wir den provokanten Titel
Die Kinderabschieber‚ gewählt. Namensgebend ist ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Im Juli 2022 war das ein großes Thema in Dachau, es ist weiter ein großes Thema bei der Unterstützung der abgeschobenen Familie Esiovwa. Die Seebrücke Dachau informiert darüber weiter auf dieser Seite.

Nachdem 2023 weitere und ähnliche Fälle von Abschiebungen mit fragwürdigen Begründungen, aber mindestens völlig unverhältnismäßig hart die Schicksale von eigentlich deutschen Kindern und Jugendlichen betreffend, in Bayern passiert sind, folgt eben diese Veranstaltung.

Programmvorschau von Bellevue di Monaco

Update der Programmvorschau aktuell:

“Die Kinderabschieber”


29.Februar 2024 im Bellevue di Monaco (oberer Saal) 19-20:30 Uhr

Die Rufe nach einem “schneller, härter, gemeiner” in der deutschen Abschiebepolitik zeigen Wirkung. Familien werden nachts ohne Vorwarnung von der Polizei aus dem Bett gerissen und teils unter weiteren Zwangsmaßnahmen zum Flughafen gebracht. Schulklassen vermissen vom einen auf den anderen Tag Schüler, auch Abschiebungen aus Ausbildungsstätten sind keine Ausnahme. Durch das im Januar 2024 im Bundestag verabschiedete Rückführungs-Verbesserungs-Gesetz wird sich das brutale Vorgehen der Behörden in Bayern und anderen Bundesländern weiter verschärfen – denn sie erhalten noch weitreichendere Befugnisse, sich im Kontext von Abschiebungen über die Grund- und Menschenrechte Geflüchteter hinwegzusetzen.

Verletzt Deutschland durch diese Behördenpraxis und Gesetzgebung ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen nach der UN-Kinderrechtskonvention, allen voran den Kindeswohlvorrang? Welche Auswirkungen haben die Abschiebungen sowie das permanenten Klima der Angst, das durch die Abschiebungspolitik verbreitet wird, auf die Psyche und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Was passiert im Herkunftsland, nachdem die Abschiebung vollzogen wurde? Und was muss sich ändern, damit den “Kinderabschieber*innen” endlich Einhalt geboten wird?

Gemeinsam mit Rex Osa, Refugees4Refugees, Julie Richardson, Dipl.-Psych. und systemische Familientherapeutin, Michael Schrodi, MdB aus Dachau/Fürstenfeldbruck, Gülseren Demirel, MdL Bayern und Sophia Eckert, Rechtsexperin bei terre des hommes, wollen wir – die Seebrücke Dachau, die eine abgeschobene Familie unterstützt – in der Veranstaltung “Die Kinderabschieber” diese Fragen diskutieren, und erörtern, wie Kinder und Jugendliche besser vor Abschiebungen geschützt werden können.

Siehe auch die Ankündigung in den sozialen Medien
Instagram
Facebook

https://www.sueddeutsche.de/kolumne/krieg-mitgenommen-1.6385315


Vorab kann ein Einblick in die Schwerpunkte der Teilnehmer:innen der Diskussionsrunde gegeben werden. Ohne Garantie auf Vollständigkeit.

Julie Richardson
Dipl.-Psychologin und systemische Familientherapeutin
Sie arbeitet mit Kindern und hat das Schicksal der Familie Esiovwa in der Vorgeschichte und an den Tagen um Abschiebung direkt miterlebt. Ihr Kontakt besteht bis heute.
Sie wird aus ihrer beruflichen Sicht und ihren persönlichen Erfahrungen berichten.

Rex Osa
Arbeitet seit langen in seinem Projekt refugees4refugees.

Er schildert die Situation der Menschen nach der Abschiebung. Unsere menschenrechtliche Verantwortung darf nicht am Flughafen enden.

Sophia Eckert
Referentin für Politik und Kommunikation

Sie spricht über die Vereinbarkeit unserer Maßnahmen mit dem Völkerrecht. Dabei lässt sie den Begriff Völkerrechtsverstoß nicht außen vor. „Das Rückführungs-Verbesserungs-Gesetz wird definitiv die Praxis verschärfen“, so ihre Aussage. Sie wird auch diesen Kontext klar ansprechen.

Gülseren Demirel (MdL)
Integrationspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Landtag

Michael Schrodi (MdB)
Er hat sich von Beginn an für die Rechte der Familie Esiovwa eingesetzt und unterstützt bis heute die Hilfe, die man ihr zukommen lassen kann.
Als Abgeordneter der SPD aus dem Wahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck kennt er die regionale Abschiebepraxis und hat auch Erfahrungen mit den zuständigen Landräten und ihren Aussagen.

Stefan Haas, im Februar 2024
Mitglied der Seebrücke Dachau e.V.

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Familie Esiovwa

Sommer 2023 – Stimmen ein Jahr nach der Abschiebung

Vorbericht in der SZ


Es ist der 12.Juli um 18 Uhr. In der Mittelschule Karlsfeld treffen sich Freunde und Bekannte der Familie Esiovwa. Mit dabei alle, die sich seit einem Jahr dafür einsetzen, das zugefügte Leid irgendwie in den Griff zu bekommen. Der Schulleiter Herr Hakan Özcan macht dies möglich, seine Schüler tragen die Initiative von sich aus mit. Wir treffen sie vor Ort, sie sind selbstbewusst und können ihren Standpunkt klar ausdrücken.

Dass die Schule 2023 noch einen Preis gewinnt, verwundert nicht. Siehe
Mittelschule Karlsfeld Aktuelles und BLLV .

Was die Klassenkameraden von Stephanie Esiovwa zu sagen haben wird in einem Bericht der SZ veröffentlicht.

Es wird weiter schwer werden etwas zu tun, im folgenden sind nun die Reden der Unterstützer zu sehen.

Martin Modlinger:


Karlsfelder Jugendrat Jiyan Göcer:

„Das ist eine herzlose Tat und die darf nicht so akzeptiert werden.“

Julie Richardson:

„Ich erwarte von allen in dieser Gesellschaft, dass sie so viel Anstand haben, zu erkennen, wann man human handelt und wann nicht.“

Stefan Haas:

„Das größte Problem der Familie ist eigentlich die Krankheit der Eltern. Und da können wir was machen.“

Max Eckardt, Helferkreis Karlsfeld:

„Traurig, dass man Demokratie an einen so grausamen Beispiel erlernen muss.“

Pamela Burandt:

Michael Schrodi (MdB):


Videos: Klaus Miebach


Stand der juristischen Auseinandersetzung am 13.Juli 2023

Eine Mauer aus Wörtern vom 26.10.2023

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Samuel Otto

Am 30.9.2023 fand in Dachau die Kundgebung ‚Heimat ohne Ausgrenzung statt‘. Unter dem Motto ‚Dachau bleibt bunt‘ kam auch Samuel Otto zu uns.

Und er hatte uns einiges zu sagen.


Macht und Manipulation

Video: Pamela und Daniel Burandt


Alternative für Demokratie

Video: Pamela und Daniel Burandt


Stefan Haas, im Oktober 2023

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Heimat ohne Ausgrenzung – Impressionen

Am 30.9.2023 fand in Dachau die Kundgebung ‚Heimat ohne Ausgrenzung statt‘. Hier ein paar Impressionen zum Umzug vor allem mit der Münchner Ruhestörung. Zu sehen ist der Beginn des Demonstrationszuges.

Dann der Taktwechsel in der Bahnhofsstraße:

Auch bei der Kundgebung auf der Ludwig-Thoma-Wiese konnte jeder seine Talente zeigen:

Videos: Pamela und Daniel Burandt


Stefan Haas, im Oktober 2023

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Mia san Mia

Ab und zu auf eine Kundgebung zu gehen, erweitert den eigenen Horizont und klärt manchmal auch Fragen zum eigenen Dasein.
So geht es mir zur Veranstaltung von „Heimat ohne Ausgrenzung“ des Runden Tisch gegen Rassismus Dachau e.V.

Von Norbert Göttler, seines Zeichens Dr. phil. im Fach Wirtschafts- und Sozialgeschichte und bis vor kurzer Zeit namhafter Heimatpfleger unseres Bezirks, höre ich über die Jahre immer wieder. Muss ein guter Mann sein und mit seiner Rede am 30.September auf der Ludwig-Thoma-Wiese in Dachau, bestätigt er das. Mit seiner Erlaubnis hier nun veröffentlicht. Über ihn und über sein Wirken erfährt man insbesondere unter www.norbertgoettler.de


Mia san Mia in Oberbayern?

von Dr. Norbert Göttler

Von der genetischen Grundausstattung her afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge, die, unterfüttert mit kleinasiatischen Anteilen, vor rund einer Million Jahren nach Europa kamen.

Später das angereichert durch keltisches Erbgut aus dem Moselgebiet, römisches aus Latien, vor allem aber aus Lydien, Nubien, Persien und anderen entlegenen Provinzen des Reiches.

Sodann germanische Einsprengsel, vor allem durch den namensgebenden Stamm der Boier, die aus dem Gebiet des heutigen Böhmens in das Land vor den Bergen strömten.

Von späteren Gen-Transfers durch schwedische Landsknechte und US-amerikanische GI´s mal ganz zu schweigen!

Und das sollen wir Oberbayern sein?

Die Sprache mithin ein wildes Sammelsurium aus Keltisch, Indogermanisch, Lateinisch, später dann Französisch und Englisch. Auch erhebliche Anteile an Italienisch und Tschechisch, Jiddisch und Romanatsch lassen sich aus dem bairischen Dialekt nicht wegdiskutieren.

Und die Schrift? Eine Mischung aus dem Futark-Alphabet der norddeutschen Germanen und dem gotischen Alphabet, das Bischof Wulfila um das vierte Jahrhundert im Raum des heutigen Bulgariens geschaffen hat.

Aber doch wenigstens der altbayerische Katholizismus? Abgesehen vom Religionsgründer, einem aramäisch sprechenden Semiten unbestimmter Herkunft, auch hier viel Migrantisches.

Schon die Christianisierung erfolgte durch verdächtige Subjekte, wie die französischen, irischen und schottischen Wanderprediger Korbinian, Emmeram, Rupert und Virgil. Die Quellen berichten, dass vor diesen finsteren Gestalten nicht nur die kleinen Bajuwaren-Kinder Reißaus genommen haben.

Später verehrte die Bayern vor allem Heilige wie die Italiener Benedikt, Franziskus und Katharina, den Anatolier (um nicht zu sagen Türken) Nikolaus sowie die spanischen und französischen Theresias aus Avila und Lisieux.

Einheimische Heilige – ziemliche Fehlanzeige! Generationenlang wurden bayerische Kinder nach fremden Vorbildern benannt, andere brachten es zumindest zu Viehpatronen.

Der Franzose Leonhard etwa, oder der Ägypter Antonius, den die Bayern „Sautoni“ nennen. Erstens, weil er für das Wohl der Schweinezucht verantwortlich zeigt, zweitens, um ihn nicht mit dem italienischen Antonius von Padua zu verwechseln. Den brauchen sie nämlich, wenn sie etwas verloren oder verlegt haben.

Verlegen kann man auch werden, wenn man an die steinernen Glaubenszeugen, die Kirchen und Klöster betrachtet.

Schon die Gotik, die ja nicht nur die Hauptkirchen von Regensburg, München und Landshut, sondern auch unzählige bayerische Dorfkirchen ziert, war von Frankreich herübergeweht worden, nein, auch Bayerns Hauptbeitrag zur Architekturgeschichte, das Barock und Rokoko, sind ohne welsche Baumeister und Künstler wie Viscardi und Zuccalli, Cuvilliés und Tiepolo, Lurago und Carlone gar nicht denkbar.

Wäre noch viel zu sagen über Musik und Tanz, wo Polka, Polonaise („die Polnische“) und Mazurka, auch nicht grad an der Isar, sondern eher an der Weichsel entstanden sind, oder über das Essen, das erst durch die Heimatvertriebenen mit Paprika und Gurken, Tomaten und Knoblauch angereichert wurde.

Auf die „Polnischen“, die „Krakauer“ und die „Wiener“ aus der bayerischen Wurschtkuchl können wir jetzt nicht näher eingehen, weil wir uns der Politik zuwenden wollen, nämlich dem Herrscherhaus der Wittelsbacher, die über tausend Jahre unser Land regiert haben.

Schlimm genug, dass schon das erste bayerische Herzogsgeschlecht, die Agilofinger, aus Thüringen stammte.

Auch die frühen Wittelsbacher sprachen praktisch kein Wort Deutsch – geschweige denn Bairisch -, nur Französisch, Spanisch, Holländisch und Flämisch.

Max Emanuel, dem Blauen Kurfürsten, sagte man schon zu Lebzeiten nach, „dass ihm jeder flandrische Heustadel wichtiger sei, als das gesamte Kurfürstentum Bayern“!

Teil zwei der Katastrophe dann das Aussterben der altbayerischen Wittelsbacher, sodass an der Isar fortan Pfälzer regierten und statt Flämisch Pfälzerisch sprachen, was für die Münchner in etwa auf das Gleiche hinauskam.

Auf die Tatsache, dass 1803 das neue Bayern von einem Grafen Montgelas eingeläutet wurde, kommt es jetzt auch schon nicht mehr an…

Letzter Hoffnungsträger bayerischer Stammesphantasien – der FC Bayern. Und in der Tat gebührt ihm der Schlußstein dieser Betrachtung, versucht er sich doch an der Lösung eines bisher ungelösten philosophischen Problems: der Quadratur des Kreises!

Will heißen: Eine unerträgliche Kultivierung des Sepplbayerntums, kombiniert mit einem fast 100%igen Ausländeranteil in der Mannschaft!

Das Ganze angeführt von einem Ostfriesen (Jan-Christian Dreesen), einem Westfalen (Karl-Heinz Rummenigge) und einem vorbestraften Schwaben aus Ulm!

Aber Hauptsach´: Mia san Mia!


Ich habe mich immer gefragt, warum ich so wenig mit Lederhosen, sogenannter Tracht usw. nicht anfreunden kann. Hätte ja sein können, dass meine genetische Abstammung, die zur Hälfte aus der oberschlesischen Gegend um Ratibor stammen, darauf Einfluss hätten. Aber das ist freilich Blödsinn, wie ich an meinen Verwandten feststellen kann. Den Ausdruck ‚Sepplbayerntum‘ finde ich etwas zu hart, aber es ist schon etwas, was ich nicht mit meinem Begriff von Heimat in Einklang kann. Heimat legt man sich nicht durch Äußerlichkeiten an, werden auch nicht durch Äußerlichkeiten bestimmt, sondern ist bestimmt durch ein Gefühl das über das Herz geht und mit dem Herzen verstanden wird.

Stefan Haas
als Mitglied der Seebrücke Dachau e.V. im Oktober 2023

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Fußball Integrationscup 2023

In den frühen Morgenstunden am S-Bahnhof Bachern findet eine nicht alltägliche Übergabe statt. Michaela gibt mir einen Karton mit Fußballschuhen für das Seebrücke Team. Ein kurzes Hallo und die Tür schließt sich wieder. Es ist der Tag des letzten Trainings und wir haben endlich alles Nötige für das Turnier zusammen. Auch die Trikots sind rechtzeitig geliefert worden.

Die Anmeldeformulare nerven, fast alle der Ukrainer im Team sind noch nicht volljährig. Die Eltern müssen unterschreiben, oder die große Schwester. Nach dem Training bin ich angeschlagen, körperlich wie mental. Eigentlich macht es großen Spaß Fußball zu spielen, aber an dem Tag spüre ich meine Grenzen.

Tag des Turniers. Er beginnt mit einer Nachricht von Momin aus Odelzhausen. ‚Ist das Turnier heute?‘. Etwas später, ich bin mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Sportgelände des ASV Dachau, ruft er mich an. Er ist schon vor Ort und wo ich denn bleibe. Pünktlich um 8:30 Uhr bin auch da, das Turnier wurde auf den Kunstrasenplatz verlegt, soweit ist das aber kein Umstand. Die Organisation läuft, ich treffe auf Michaela. Und auf Teile meines Teams. Wo sind Daniil, Josef und Dmitri? Martin ist derweil eingetroffen und lässt sich mit der Prominenz fotografieren. Die Seebrücke ist auch offiziell vertreten. So warten wir etwa eine halbe Stunde, irgendwie regelt sich alles. Die vermissten Jungs treffen ein, alle haben ihr Formular ausgefüllt und endlich bekomme ich auch die Gutscheine für Wasser und Brot. Zum Gruppenfoto reicht es, wenn auch noch nicht alle ihr Trikot übergestreift haben. Ich schicke Masha und Zahar vor.


Langsam wird es ernst. Bis auf das Team vom KJR treten alle an. Anstatt in meiner Sportkleidung stehe ich mit Regenjacke und australischem Hut da, die Jungen sollen spielen und ich bin einfach nicht in Form. Vom Spielfeldrand habe ich die bessere Übersicht. Auf dem Feld stehen fünf Spieler und ein Torwart. Erste Aufstellung, erstes Spiel, höchste Niederlage dieses Tages. Das mit dem Auswechseln ist einfacher als gedacht, aber wir haben das nie geübt. Fast jede Auswechslung führt zu einem Gegentor. Die gegnerischen Mannschaften rotieren dagegen gekonnt. Es läuft nicht.

Eine gute Aufstellung ist gefragt

In der Zeit zum nächsten Spiel kommt Omid auf mich zu. Ihn hatte ich als Spieler für das KJR-Team am Tag zuvor eingeladen. Nun kann ich ihn für mein Team anwerben. Fußballschuhe hat er sich wohl spontan von seinen Freunden aus Gröbenried besorgt. Mit ihm sind wir im zweiten Spiel schon besser, er kann es noch, er läuft viel, kein Debakel. Aber Martin meint, unser Volodymyr im Tor könnte besser sein.

Auch Zahar steht für ein Spiel im Tor
Auch Zahar steht für ein Spiel im Tor. Im Hintergrund Hamidi im roten Dress. Unser Volleyball-Kumpel spielt für Odelzhausen.

Der Kumpel von Daniil meldet sich, er war einfach als Zuschauer gekommen. Er will im Tor stehen. Trikot habe ich noch, Anmeldeformular auch, die Schuhe bekommt er vier Nummern zu groß von Volodymyr. Er ist froh diesen Job los zu sein. Und es funktioniert. Im legendären Spiel mit rosa Laibchen führen wir durch ein glückliches Tor. Und halten das Ergebnis, zumindest das Unentschieden. Doch wieder missglückt das Auswechseln, gerade weil die rosa Laibchen eine Notlösung waren. Wir verlieren wieder, aber legen an Hoffnung zu.

Schwarz gegen Schwarz geht nicht. Das Orga-Team leiht uns die rosafarbenen Laibchen
Auch junge Fußballerinnen beherrschen die Selbstdarstellung 🙂

Unter besseren Bedingungen hätten wir das Spiel gewonnen. Masha und Zachar sind gut gelaunt, lachen und strahlen. Nur Daniil zieht sich mit enttäuschter Mine zurück. Er findet seine Stürmerrolle nicht, verliert Bälle, kann seine Schnelligkeit und seine Torgefährlichkeit nicht ausspielen. Er ist erst wenige Monate in Deutschland, ich brauche Hilfe um mit ihm zu reden. Wir bekommen das hin, in den restlichen Spielen hat er ein paar Szenen in denen er steil in den Raum geht und zu Torchancen kommt.

Danii, auf geht’s!

Am Nachmittag schaut auch Hubert vorbei, er bringt noch moralische Unterstützung mit. Jeder, der uns unterstützen kann ist höchst willkommen.

Wir haben nun Spiele gegen starke Mannschaften, ganz bewusst lasse ich die Kleinsten, Vanya und Dmitri, von Anfang an spielen. Omid und Momin stehen mit mir außerhalb des Spielfeldes. Ruslan bewährt sich im Tor, unsere ganz jungen Spieler sind schnell und beherzt. Aber gegen die beiden Indersdorfer Mannschaften reicht es nicht, um die Spiele spannend zu halten.

Mit Ruslan und Omid zu neuen Möglichkeiten


Vorletztes Spiel. Unser Gegner hat bisher nur einen Punkt. Ist das unsere Chance. Josef, unser einziger Profi, führt die Mannschaft ins Gefecht. Masha spielt von Anfang an. In dem Spiel wird auch nicht gewechselt. Endlich bin ich in meinem Element, ich rufe, schreie, dirigiere, lobe und hadere. Wir spielen gut, sind gleichwertig, das Team kombiniert auch. Momin rennt seine Seite rauf und runter. Masha und Omid gewinnen Zweikämpfe. Ruslan lässt im Tor nichts anbrennen. Josef rackert im Mittelfeld in Daniil lauert auf Chancen, geht keinem Zweikampf aus dem Weg. Es ist spannend bis zum Schluss. Es fällt kein Tor. Diesmal haben wir Erfolg, wenn gleich kein richtiger Sieg.

Gute Laune ist wichtig

Aber das Team wächst zusammen. Und wer außer uns kann während des Turniers gleich zwei neue Leute gewinnen und integrieren? Und beinahe machen wir noch den Transfer von Volodymyr zum Team von Peter Barth aus Hebertshausen perfekt. Dessen Spieler müssen zur Arbeit.

Das Team vor Beginn des Turniers

Dass wir das letzte Spiel verlieren, mit einigen Gegentoren, das trifft uns nicht. Neugierig schauen wir auf die Halbfinal-Spiele und dann zum Finale Kroatien gegen Senegal drücke ich der Mannschaft von Mansor die Daumen. Er hat sein Team als Trainer engagiert und professionell ins Finale geführt. Man merkt ihm die Spannung an. Masha sagt ‚Senegal gewinnt‘. Und damit greift sie schon ins Schicksal ein. Mansor lächelt ob des unerwarteten Zuspruchs der jungen Ukrainerin. Die ganze Zeit bleiben wir hinter dem Tor der senegalesischen Mannschaft. Sie erzielen das Führungstor. Doch die Kroaten geben nicht auf, selbst als einer der ihren die Rote Karte bekommt. Das Spiel will nicht zu Ende gehen, noch stehen die Senegalesen hinten sicher. Doch kurz vor dem Ende können sie eine Großchance nicht abwehren. Der Schuss des kroatischen Spielers geht an die Latte. Aber Masha behält Recht, am Ende jubelt das Team von Mansor.

Sie bekommen den Pokal, und auch alle anderen bekommen eine Medaille und eine Urkunde. Und der Abend strebt einem weiteren Höhepunkt entgegen. Nämlich der Übergabe der Pizza in der Sportgaststätte des ASV. Nicht alle Teams treten hier nochmal an. Ich hatte gehört, dass wohl 50 Bleche mit Pizza gesponsert sind. In der ersten Welle halten wir uns noch zurück, doch dann übermannt die Ersten der Hunger und besetzen die Plätze in der Schlange am Buffet. Geschickt gebe ich ihnen Deckung, bekomme selbst noch zwei Stück Pizza ab. Dafür gebe ich gerne eine Runde Spezi aus. Nun kommt man auch ins Reden, Zahar hat echtes Sprachtalent. Obwohl er erst fünf Monate hier ist, klappt die Verständigung gut. Er übersetzt für die beiden 17-Jährigen, die noch weniger lange hier sind. Sie haben andere Sorgen als die ukrainischen Jugendlichen, die ich seit April 2022 kenne. Wenn sie zurück in die Heimat gehen, können sie für den Krieg gemustert werden. Es sind diese Momente, in denen man sich bewusst wird, was wichtig ist. Warum man sich im Rahmen der Seebrücke engagiert. Und in denen man auch sauer auf die Deutschen ist, die immer nur klagen und sich überfordert sehen.

Wenn er groß ist, spielt er alle aus

Masha sagt, dass es ein toller Tag war und sie sehr froh darüber ist. Dmitri steht ab und zu auf und hofft seinen leeren Teller doch noch mal füllen zu dürfen. Und sein Instinkt trügt ihn nicht. Zwanzig Minuten später gibt es eine letzte Blechrunde, diesmal sind auch Pilze auf der Pizza. Und die Jungs und Masha haben immer noch Hunger, zwingen mich geradezu bei ihnen mitzumachen … Und nochmal rührt mich etwas an. Dmitri packt zwei große Stücke für seinen Bruder zuhause ein. Dmitri ist zwölf und ich bin stolz auf ihn.

Ich bin gestärkt, körperlich wie mental.

Stefan Haas, Ende September 2023

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Mut zur Menschlichkeit: Kundgebung am 6. Mai 2023 in Dachau


Viele Menschen in Europa helfen aktuell in schwere Not geratenen Geflüchteten. Und auch in diesem Jahr wird der Angriffskrieg gegen die Ukraine uns noch viel abverlangen. 

Es gibt Stimmen, die sagen, wir können diese Hilfe nicht fortsetzen. Dem widersprechen wir entschieden.

Wir wollen weiter Wege gehen, die Menschen eine echte Zuflucht vor Krieg und Gewalt bieten. Wir bestehen darauf, dass dabei Herkunft, Aussehen oder Religion keine Rolle spielen dürfen. Das können wir am besten, wenn die Gesellschaft an einem Strang zieht. Politik in Bund und Kommune muss noch mehr leisten, aber auch die bayerische Landesregierung muss einen sichtbaren Beitrag erbringen.

Unsere Forderungen sind klar. Kommt zu unserer Kundgebung und setzt ein starkes Zeichen für Menschlichkeit.

Seebrücke Dachau e.V.

WIR FORDERN

  • Menschen menschlich begegnen!
  • Finanzielle Zusagen von Bund und Land jetzt für:
    Tragende Integrationskonzepte in den Gemeinden
    Mehr hauptamtliche Stellen vor Ort und bei den Menschen
    Mehr Wohnraum für alle erschließen und vermitteln
    Bedarf an Sprachkursen erfüllen
  • Entbürokratisierung:
    Pragmatische und respektvolle Entscheidungen in Ausländerämtern
  • Sofortmaßnahmen:
    Aussetzung der Wohnsitzauflage
    Arbeitserlaubnisse für alle Geflüchteten

    Vereinfachte Anerkennung ausländischer Abschlüsse
    Sonderregelungen für Instandsetzung und Bau von Wohnraum


Mut zur Menschlichkeit“ wird unterstützt durch

  • unserVeto – Bayern. Verband der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer*innen
  • Münchner Flüchtlingsrat e.V. 
  • Runder Tisch gegen Rassismus Dachau e.V.

  • Arbeitskreis Asyl Dachau
  • Asyl-Helferkreis Indersdorf
  • Asylhelferkreis Maisach
  • Asylhelferkreis Bergkirchen-Gröbenried
  • Helferkreis Asyl und Integration der Gemeinde Berg am Starnberger See
  • Helferkreis Karlsfeld

  • KV Grüne Dachau
  • KV Grüne Fürstenfeldbruck
  • OV Grüne Indersdorf-Weichs
  • OV Grüne Dachau
  • OV Grüne Bergkirchen
  • Hans Sautmann, Kreisrat Fürstenfeldbruck / Referent für Integration und Migration
  • Christian Huber, Kreisrat, Integrationsreferent Germering
  • Peter Heller, Kreisrat Dachau
  • Beate Walter-Rosenheimer, MdB



Wer mit dabei sein will, bitte melden bei Stefan Haas, Seebrücke Dachau:
s.haas.helferkreis.bgk@gmx.de


Unsere Forderungen sind übernommen von unserVeto:

http://unserveto-bayern.de/documents/Veranstaltungen/2023_03_04_Stellungnahme.pdf